Wird eine GmbH aufgelöst und erleiden die Gesellschafter hierdurch einen Verlust, bspw. durch den Ausfall der Rückzahlung des Stammkapitals, können sie den Verlust gem. § 17 EStG in ihrer Einkommensteuererklärung ansetzen. Dafür ist jedoch entscheidend, dass der Realisationszeitpunkt korrekt bestimmt wird. Im vorliegenden Streitfall waren die Kläger und das Finanzamt hinsichtlich des Zeitpunkts des Ansatzes des Verlustes unterschiedlicher Ansicht, so dass das Finanzgericht Münster (FG) darüber entscheiden musste:
Die Kläger waren an der A-GmbH beteiligt. Diese hatte diverse Kredite aufgenommen. Die Kläger hatten zu deren Absicherung eine selbstschuldnerische Bürgschaft übernommen. Eine Bürgschaftsprovision zwischen den Gesellschaftern und der A-GmbH wurde nicht vereinbart. Die GmbH beantragte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, welches mit Beschluss des Amtsgerichts vom 01.10.2011 erfolgte. Im Juni 2011 kündigte die Bank die Kreditverträge mit der GmbH und nahm nachfolgend die Kläger aus den Bürgschaftsverträgen in Anspruch. Nach einem Beschluss des Landgerichts 2016 verpflichteten sich die Kläger gegenüber der Bank zur Zahlung eines unbestimmten Betrags. In der Einkommensteuererklärung 2011 machten sie einen Auflösungsverlust nach § 17 EStG in Höhe des Stammkapitals der GmbH geltend, welcher nach einem Einspruchsverfahren anerkannt wurde. Jedoch erkannte das Finanzamt die Aufwendungen für die Bürgschaftsinanspruchnahme nicht an. Die Kläger hatten diese ebenfalls steuermindernd angesetzt.
Hiergegen klagten die Gesellschafter der A-GmbH. Ihre Klage vor dem FG war jedoch unbegründet. Die Aufwendungen für die Bürgschaftsinanspruchnahme erfüllen nicht die Voraussetzungen für einen Auflösungsverlust. Die Zahlungen auf die Bürgschaft können als nachträgliche Anschaffungskosten auf die Gesellschaftsbeteiligung berücksichtigt werden - allerdings noch nicht in den Streitjahren, da der Verlust zu diesem Zeitpunkt noch nicht realisiert wurde. Die Höhe der Bürgschaftsverpflichtung war zu diesem Zeitpunkt noch unklar. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs wird ein Auflösungsverlust bei einer Insolvenz erst nach Abschluss des Insolvenzverfahrens berücksichtigt.
Die Aufwendungen können auch nicht als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden, da die Kläger bei Eingehung der Bürgschaft aufgrund der fehlenden Bürgschaftsprovision keine Einkünfteerzielungsabsicht hatten. Auch sind die Zahlungen aus der Bürgschaftsverpflichtung nicht in den Streitjahren geflossen.
Quelle: FG Münster, Urteil vom 03.11.2021 - 13 K 3187/19 E,F